Profis Montag, 27.05.2024

Christopher Schindler: "Es war eine riesige Ehre für mich"

Foto: Sportfoto Zink

Von Huddersfield gekommen, 62 Pflichtspiele für den FCN absolviert, die Mannschaft als Kapitän angeführt und im vergangenen Jahr vom Verletzungspech verfolgt. Dennoch war Christopher Schindler über die letzten drei Jahre eine wichtige Führungsperson in der Mannschaft. Das Abschiedsinterview mit "Schindi"…

fcn.de: Drei Jahre 1. FC Nürnberg sind für dich jetzt zu Ende. Wie würdest du die Zeit zusammenfassen?

Christopher Schindler: Am Ende des Tages war es eine schöne, aber auch sehr intensive Zeit für mich. Speziell im letzten Jahr war sie aber vor allem von Rückschlägen geprägt. Ich bereue den Schritt, nach Nürnberg gewechselt zu sein aber nicht, weil ich in der schwierigen Zeit gemerkt habe, dass es hier viele Leute gibt, die mir eine gewisse Wertschätzung entgegengebracht und mich unterstützt haben. Deswegen ist das ein wertvoller Output aus der ganzen Geschichte. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass ich mir gewünscht hätte, sportlich eine größere Rolle zu spielen. Ich habe jetzt durch die Verletzungen ein Jahr verloren und das tut schon weh. Ich habe den Anspruch an mich selbst, Mannschaften nach vorne zu treiben, mitanzupacken und Dinge zu verbessern. Und das war einfach nicht mehr möglich.

fcn.de: War es auch die schwerste Zeit in deiner Karriere?

Christopher Schindler: Nein, das würde ich nicht sagen. Es war eine neue Zeit für mich. Es ging in England mit dem Anriss des Kreuzbandes los. Davor war ich eigentlich nie verletzt. Ab da habe ich gemerkt, dass es schwieriger wird, seinen Körper auf einem konstant hohen Niveau zu halten. Das hat mir aber auch eine gewisse Dankbarkeit dahingehend gegeben, dass ich mir gedacht habe, wie müssen sich Spieler fühlen, denen das mit 23 oder 24 Jahren passiert. Von daher war es eine bittere Zeit, aber nicht die schwerste. Diese hatte ich damals im Abstiegskampf mit Huddersfield, da mich das psychisch schon sehr mitgenommen hat.

fcn.de: Was konntest du, trotz deiner Erfahrung, in den letzten drei Jahren noch dazulernen?

Christopher Schindler: Wie wichtig Gesundheit ist und, das wusste ich aber schon vorher, dass ich mich auf meine Familie verlassen kann. Deshalb gehe ich auch mit einem positiven Gefühl von hier weg.

fcn.de: Mit dir verlässt uns auch ein erfahrenerer Spieler mit Charakter. Wie konntest du den Club und die Mannschaft in den letzten drei Jahren prägen?

Christopher Schindler: Ich habe schon gehofft, dass ich ein bisschen mehr Einfluss nehmen kann. In meinem zweiten Jahr war es eine riesige Ehre für mich, dass ich die Binde tragen durfte. Das hat mir gezeigt, dass die Mannschaft ihr Vertrauen in mich gesetzt hat. Ich glaube, dass ich auch eine Anlaufstelle für junge Spieler war und ihnen gewisse individuelle und mannschaftstaktische Dinge für auf dem Platz, aber auch sogenannte 'Soft-Skills', wie Verantwortung übernehmen, weitergeben konnte. Da muss aber auch jeder seine eigene Rolle finden. Ich habe immer das gemacht, was ich gefühlt hatte. Deshalb war es für mich im letzten Jahr auch schwierig, Einfluss zu nehmen, da ich fühlen muss, wie es in einer Mannschaft auf dem Platz aussieht. Wenn ich das kann, dann bin ich gut darin, zu helfen. Aus der Ferne irgendwelche klugen Ratschläge zu geben, wäre meiner Ansicht nach nicht authentisch und würde ins Leere laufen.

fcn.de: Was war deine schönste Erfahrung beim FCN?

Christopher Schindler: Das erste Jahr war mega. Da konnte man sehen, wie hier in der Gruppe etwas entstanden ist. Wir sind ein Verein, der den Fokus darauflegt, mit jungen, entwicklungsfähigen Spielern zu arbeiten. Da konnte ich beispielsweise Mario Suver oder Sadik Fofana schon einiges mit auf den Weg geben, was auch angenommen wurde und wo ich im Nachgang auch Dankbarkeit erfahren habe. Das ist für mich das Wichtigste und macht mir am meisten Spaß. Ich würde auch sagen, dass das meine größte Stärke ist und hier hatte ich die Möglichkeit, sie auszuspielen.

fcn.de: Im letzten Mitgliedermagazin hast du gesagt, dass du nicht wolltest, dass dein Körper sagt, wann es zu Ende ist. Jetzt ist es leider doch so gekommen.

Christopher Schindler: Das ist extrem bitter. Nach dem Kreuzbandriss war ich in der Wintervorbereitung richtig euphorisch. Der Mittelfußbruch hat mir dann so ein bisschen den Zahn gezogen. Mit 33 Jahren nach einem Kreuzbandriss zurückzukommen, ist schon sehr schwer. Durch den Mittelfußbruch kamen nochmal zehn Wochen Ausfallzeit hinzu. Dadurch war bei drei oder vier verbleibenden Spielen eine Ausfallzeit nahezu unmöglich. Und ich wollte nicht einfach nur dabei sein, um dabei zu sein. Wenn dann will ich auch mitanpacken.

fcn.de: Der Muskelfaserriss hat dann die letzten Hoffnungen zunichtegemacht?

Christopher Schindler: Der hat mir dann den Stecker gezogen und war für mich eine sehr schwere Zeit. Die medizinische Abteilung hat einen riesigen Aufwand betrieben, mich noch einmal auf den Platz zu kriegen. Dafür möchte ich auch noch einmal Danke sagen. Dass es jetzt nicht geklappt hat, tut mir ein Stück weit auch leid für die Leute, die wirklich viel für mich investiert haben.

fcn.de: Wie geht’s jetzt für dich weiter, wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?

Christopher Schindler: Das ist eine gute Frage. Ich hatte leider genügend Zeit, mich damit auseinanderzusetzen. Der Prozess, sich über die Karriere nach der Karriere Gedanken zu machen, wenn es jetzt das Karriereende sein sollte, hat dadurch schon etwas früher begonnen. Ich durfte in den letzten Monaten ein bisschen bei der U15 dabei sein. Das hat mich riesig gefreut und war eine super Erfahrung, weil ich da auch gesehen habe, wie sehr ich das Spiel auch aus einer anderen Perspektive liebe. Deshalb kann ich mir schon vorstellen, dass ich eventuell in diesen Bereich reinschnuppern werde, weil da auch die Thematik, mit jungen Spieler zu arbeiten, gegeben ist. Ich will das jetzt aber noch nicht konkretisieren, da es ja noch nicht klar ist, ob ich aufhören werde.

fcn.de: Was gibst du dem Verein, der Mannschaft und den Fans auf den Weg?

Christopher Schindler: Es ist wichtig, in schwierigen Situationen zusammenzustehen. Ich glaube, das war in dieser Saison schon so. Selbst in der Zeit, als es nicht gut lief, sind viele Leute zu den Heimspielen gekommen. Daran merkt man auch, dass der Verein lebt. Das ist nicht immer positiv, da kracht es dann auch mal. Aber das ist wie in einer Familie, wichtig ist nur, dass man sich danach nicht voneinander entfernt, sondern wieder zusammenfindet und daraus Kraft schöpft. Es gibt viele Sichtweisen und viele Emotionen rund um diesen Verein, aber das Ziel aller muss es sein, dass der Club nach vorne kommt. Dabei wünsche ich dem 1. FC Nürnberg natürlich alles Gute!


]]>