„Wie kann ein Schiri das nicht sehen?“

Der Club pendelt nach dem 0:1 gegen Hannover 96 zwischen Ärger und Selbstkritik.

Niederlagen gegen einen Ex-Verein tun besonders weh. Diesen besonderen Schmerz verspürte gestern wieder einmal Club-Trainer Dieter Hecking, der von 1996 bis 1999 als Spieler die Fußballschuhe für die Niedersachsen schnürte und als Trainer von 2006 bis 2009 in Hannover beschäftigt war. Zum Schmerz gesellte sich beim 47-Jährigen am Freitag, 27.01.12, nach Abpfiff der Partie des 1. FC Nürnberg bei Hannover 96 noch eine gehörige Portion Ärger.

Ärger über die Leistung seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit, Ärger aber auch über eine nicht geahndete Tätlichkeit im Hannoveraner Strafraum. Die strittige Szene ereignete sich nach einer Standardsituation in der 59. Minute: Gerangel im Strafraum; Wollscheid geht zu Boden. Die Fernsehbilder von SKY offenbarten nach Spielende, was Schiedsrichter Marco Fritz leider nicht sah. Emanuel Pogatetz schlug Club-Abwehrrecke Philipp Wollscheid vor dessem Fall mit der Faust in den Nacken.  

Diskutiert mit und stimmt ab: Fehlentscheidung oder nicht?

Die beliebte Website www.wahretabelle.de stellt jedes Wochenende strittige Szenen zur Abstimmung, um aufzudecken: Hat der Schiri richtig entschieden oder falsch? In beschriebener Szene heißt die Frage aktuell: Lag ein Foulspiel oder gar eine Tätlichkeit von Pogatetz vor? Hätte es deshalb Elfmeter geben müssen? 83 % aller Fußballfans sehen derzeit in beschriebener Szene eine klare Fehlentscheidung des Schiris. Es hätte folgerichtig Rote Karte für Pogatetz und Elfmeter für Nürnberg geben müssen. Bitter für den Club!

„Wie kann ein Schiri das nicht sehen?“ fragte 1. FCN-Coach Dieter Hecking ungläubig die wie üblich versammelte Journalisten-Schar im Pressekonferenzraum der AWD-Arena nach der Partie. Zuvor hatte er eben diese Frage schon in sämtliche Mikrofone der Fernseh- und Radioteams gestellt. Keiner mochte ihm eine Antwort geben. „Wer mich kennt, der weiß, dass ich sehr selten etwas gegen Schiedsrichter-Entscheidungen sage, aber jetzt ist es genug! Wir wurden in dieser Saison schon zu oft benachteiligt“, verdeutlichte Dieter Hecking sichtlich erregt: „Diese Fehlentscheidungen kosten uns wichtige Punkte, die uns am Ende dringend fehlen könnten“, klagte er weiter. Und auch auf der Facebook-Seite des 1. FC Nürnberg diskutiert ihr, liebe Cluberer, derzeit leidenschaftlich über den fehlenden Schiedsspruch.

Deutliche Selbstkritik

Tatsächlich musste der Club in dieser Saison schon einige Fehlentscheidungen hinnehmen, wie beispielsweise in den Spielen gegen Stuttgart und Freiburg. Normalerweise gleichen sich solche Fehlentscheidungen in einer Saison aus, aber schon ein Blick auf die „Wahre Tabelle 2010/11“ zeigt, dass der Club in der vergangenen Spielzeit offenkundig benachteiligt wurde, am Ende auf Rang sechs statt vier landete.

Die Akteure zeigten sich bei allem Ärger nach dem verloren gegangenen Spiel in erster Linie aber auch mit sich selbst unzufrieden. In der offiziellen Tabelle hätte der Club zahlenmäßig mit Hannover gleichziehen können, diese Chance wurde, vor allem in der ersten Hälfte, vertan. Aus Club-Sicht beginnt der Spielbericht deshalb erst in Halbzeit zwei. Dieter Hecking hatte von einem 4-4-2- auf ein 4-1-4-1-System (für Sechser Almog Cohen kam Stürmer Tomas Pekhart) umgestellt, von da an lief es für sein Team besser (96-Coach Mirko Slomka: „Die Systemumstellung der Nürnberger hat uns Schwierigkeiten bereitet. Wir sind heute der glückliche Gewinner.“)  

„Wir haben eine Halbzeit gebraucht, um loszulegen.“

Die Mannschaft zeigte sich fortan aggressiver, stand besser und erspielte sich endlich Torchancen: Zuerst vergab Christian Eigler (53.), anschließend köpfte Tomas Pekhart nach einer Flanke von Markus Feulner auf 96-Keeper Ron-Robert Zieler (55.). Die größte Möglichkeit erarbeitete sich der 1. FC Nürnberg kurz vor Schluss: Nach einem Freistoß von Adam Hlousek standen sich Daniel Didavi und Jens Hegeler aber im Torraum von 96 gegenseitig im Weg, der Ball ging nur wenige Zentimeter am Gehäuse vorbei. 

„Wir haben eine Halbzeit gebraucht, um loszulegen. Die erste Hälfte hat Hannover 96 das Spiel diktiert, wir sind dann auch konsequenterweise durch das 1:0 abgestraft worden“, resümierte Dieter Hecking über das Sportliche. Hannover hatte in der 17. Spielminute eine Unachtsamkeit der linken Nürnberger Abwehrseite ausgenutzt und Lars Stindl zu einer Flanke kommen lassen, die Mohammed Abdellaoue aus fünf Metern ins Nürnberger Tor von Raphael Schäfer eindrückte.

Club testet KSC bevor der BVB kommt

„Was wir heute gezeigt haben, war einfach viel zu wenig. Wir müssen es schaffen, uns zwei Halbzeiten gut zu präsentieren“, erklärte Philipp Wollscheid selbstkritisch; Raphael Schäfer zeigte sich enttäuscht: „Vor allem die ersten 45 Minuten waren nicht in Ordnung. Wenn wir heute als Sieger vom Platz gegangen wären, hätten wir uns viel Druck für die nächsten Aufgaben nehmen können.“

Weiter geht’s mit der nächsten Aufgabe für Dieter Heckings Team am Montag, 30.01.12. Raphael Schäfer & Co. testen um 14.30 Uhr gegen Zweitligist Karlsruher SC. Das Spiel findet am Sportpark Valznerweiher statt, der Eintritt ist frei. Die nächste Pflichtaufgabe steht gegen den Deutschen Meister auf dem Spielplan: Am Freitag, 03.02.12, empfängt der Club Borussia Dortmund. Anpfiff ist um 20.30 Uhr im easyCredit-Stadion.